Ein JA zu dir selbst ist ein guter Anfang. Ein Plädoyer für die Selbstliebe
„Wenn du ‚ja‘ sagst, dann sei dir sicher, dass du nicht ’nein‘ zu dir selbst sagst.“
(Paulo Coelho)
Wie viel „ja“ zu dir selbst ist erlaubt?
Wie viel „Ich“ erlaubst du dir? Oder gehörst du auch zu den Menschen, die es eher anderen recht machen wollen als sich selbst? Die also eher „nein“ zu sich sagen, weil sie häufiger „ja“ zu anderen sagen? Damit wärst du nicht allein auf der Welt.
Schon als Kind lernen viele, dass sie Aufmerksamkeit, Zuwendung und vielleicht sogar Liebe vor allem dann bekommen, wenn sie tun, was andere möchten. Wenn sie sich gut einfügen und den Wünschen der mächtigeren Familienmitglieder entsprechen, wenn sie ihnen Freude machen oder sie in Ruhe lassen, sie stolz machen oder zum Lachen bringen – mit angepasstem Verhalten scheinen sie „richtig“ zu sein und ein wertvolles Mitglied der Familie.
Dazugehören
Sicherheit und Identität entstehen unter anderem durch Zugehörigkeit zu einer Gruppe. Die Familie ist die kleinste, erste und wichtigste Gruppe, zu der wir uns normalerweise zugehörig fühlen. Sie bietet einem Kind den Raum, sowohl sich anzupassen als auch sich an anderen zu reiben, zu streiten, sich durchzusetzen oder nachzugeben, also Ich-Qualitäten zu erfahren. Das Umfeld gibt ihm Richtung und Orientierung, aber es zeigt ihm auch Begrenzungen auf. Hier wird der Grundstein gelegt für einen Glaubenssatz darüber, in welchem Maße es erlaubt ist, nein zu anderen und ja zu sich selbst zu sagen.
Was in der Kindheit die beste und klügste Verhaltens-Strategie war, mag uns als Erwachsenen oft nicht mehr dienen. Es reicht nicht mehr aus, sich „nur“ gut einzufügen. Es gilt dazuzulernen, wie du dir selbst Anerkennung und Zuwendung gibst. Es gilt zu lernen, für dich selbst zu sorgen, dir deine Bedürfnisse zu erfüllen und so für dein eigenes Wohlergehen Verantwortung zu übernehmen. Du machst dich zunehmend unabhängig von den Wünschen anderer, wenn du entscheidest, welcher Weg für dich der richtige ist.
„Ich stehe für mich ein.“
– Das ist ein für mich bedeutsamer Glaubenssatz. Eine Affirmation, mit der ich schon so manche innere Auseinandersetzung hatte. Sie hat mich so manches Mal in Konflikte gebracht mit dem, was ich zuhause und in der Kirche gelernt hatte: dass ich mich selbst doch nicht so wichtig nehmen sollte.
Sie hat mich aber auch mit einer anderen Seite in mir in intensiven Kontakt gebracht: nämlich mit dem Gefühl, dass ich nicht weniger wichtig sein konnte als andere. Sie hat mir bewusst gemacht, dass jeder Mensch zählt und wichtig ist. Nicht nur andere, sondern ich auch.
Du bist nicht auf der Welt, um die Bedürfnisse anderer zu erfüllen. Du und ich und jeder einzelne ist auf der Welt, um seine eigenen starken Seiten und Talente, seine Leidenschaften und Lebensfreuden zu finden, sie zu leben, sie zu teilen und die Welt damit zu bereichern. Alles in allem sage ich also: Ja, ich will in diesem Sinne für mich einstehen!
Bei meinem ersten Achtsamkeitstag mit einer Gruppe haben wir mit dieser Affirmation experimentiert. Eine Teilnehmerin reagierte intuitiv sehr ablehnend auf diese Affirmation, ähnlich wie ich zu Anfang auch. Sie hat Für-sich-einstehen wie eine Aufforderung zu rücksichtslosem Denken und Verhalten verstanden – so, als solle man immer nur ausschließlich an sich selbst denken. Es entstand eine heilsame Diskussion darüber, wie viel „Ich“ ein Mensch wohl zeigen darf und wir erkannten: Partei für sich selbst zu ergreifen bedeutet nicht, egoistisch zu sein, sondern es ist eine Form der Selbstfürsorge und Selbstliebe. Sich selbst an die erste Stelle zu setzen, sich anderen gegenüber hörbar und sichtbar zu machen – gesehen zu werden – ist lebensnotwendig.
Selbstliebe ist lebensnotwendig
- Es ist lebensnotwendig, sich selbst sichtbar zu machen.
- Es ist lebensnotwendig, von anderen gesehen zu werden.
- Menschen brauchen andere Menschen, die ihnen ihren Wert spiegeln.
- Jeder braucht Zuspruch und Anerkennung.
- Und jeder sehnt sich danach, echte Liebe zu erfahren und zu verschenken.
Selbstliebe ist … ja was eigentlich genau? Für mich beinhaltet sie ein Gefühl des völligen Einverstanden-Seins, sich am richtigen Platz zu fühlen, zu wissen, dass man genügt und liebenswert ist, so wie man ist. Selbstliebe bedeutet, sich selbst anzunehmen. Wer sich ablehnt und nie mit sich zufrieden ist, wer permanent zu viel von sich fordert und sich immer und immer kritisiert, der macht es sich ganz schwer, inneren Frieden zu finden. Selbstliebe kommt mit Selbstakzeptanz.
Dieser Beitrag ist nun ein Plädoyer für ein „Ja“ zu sich selbst geworden. Natürlich ist es auch sehr, sehr wichtig, ja zu anderen zu sagen und andere zu lieben. Es gibt täglich Situationen, in denen du nein zu deinen eigenen Bedürfnissen sagen musst. Manchmal zählen andere tatsächlich mehr. Das Leben funktioniert immer in zwei Richtungen. Die Hauptsache ist du spürst, wann genau was (oder wer) an der Reihe ist. Erinnere dich: Andere sind wichtig, und du bist genauso wichtig.
Deshalb:
- Glaub an dich.
- Nimm dich selbst an, mit deinen Stärken und Talenten.
- Lerne auch, deine Defizite und ungeliebten Seiten anzunehmen.
- Erlaube dir, menschlich zu sein, nicht perfekt.
Es entspricht dem Wesen aller Dinge, Licht- und Schattenseiten zu haben. Liebe und Selbstliebe wissen das und schließen beides ein.
In diesem Sinne
So ist es gemeint, wenn ich sage: Stehe für dich ein und nimm dich selbst an, bleibe mutig und neugierig (ja, auch auf dich selbst!) Lebe in diesem Sinne deine Stärken und erhelle mit deinen Lichtseiten den Platz, an dem du gewählt hast zu leben. – Alles andere findet sich.
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