Seelenschutzgebiet – die Seele achtsam nähren
Ganz bei sich selbst angekommen, lässt der erlösten Seele Flügel wachsen.“
(Denis Herger, schweizerischer Autor, *1962)
Gestern las ich in der Überschrift einer eMail „Glücksmomente“ und „Almsommer“ und noch bevor ich weiter nachdenken konnte, hatte ich die Nachricht schon angeklickt. Es geschah intuitiv, denn Glücksmomente im Sommer – ja genau, die kann ich gebrauchen! Das hatte ich wohl augenblicklich gut erkannt. Es war nur eine Werbemail für ein Urlaubsgebiet, doch ein Satz hat mich angesprochen und weiter beschäftigt: „Die Alm als Seelenschutzgebiet verwöhnt uns mit Glücksmomenten und Erinnerungen, die für immer bleiben.“
Seelenschutzgebiet
Das Wort bewirkte etwas in mir. Es klang vertraut, berührte offenbar etwas Größeres in mir. Ich glaube, es brachte mich mit etwas Schutzbedürftigem in mir in Kontakt. Außerdem liegen mir diese Themen auch von Berufs wegen am Herzen, denn ich arbeite mit anderen Menschen hauptsächlich daran, wie sie ihr inneres seelisches und persönliches Gleichgewicht finden. Schon vor fast 20 Jahren habe ich einer meiner ersten Websites den Namen „Seelennahrung“ gegeben und den Namen auf dieser neuen Seite beibehalten.
Ich habe offene Augen und Ohren für alles, was (m)eine Seele nähren kann. Ich beschäftige mich immer wieder damit, suche achtsam und aktiv nach dieser Nahrung, schreibe darüber und teile es mit euch und den Besuchern meiner Website und im Blog.
Und nun ist da dieser mir neue Begriff: Seelenschutzgebiet.
Wie ein Naturschutzgebiet, so assoziiere ich, scheint der Lebensraum der Seele bedroht zu sein und braucht besonderen Schutz. Zu oft geht sie unter und kommt zu kurz in den Wirren und Ereignissen des Alltags. Die Höhen und Tiefen des Lebens fordern und erschöpfen uns. Da bleibt oft wenig Platz für die Entfaltung der Seele. Um ganz bei uns selbst anzukommen, brauchen wir Zeit, Zuwendung, Zuspruch.
Für deine Seele gibt es kein von der Allgemeinheit ausgewiesenes Gebiet. Es gibt keine Demonstranten, die sich für den Schutz bestimmter „Seelengebiete“ einsetzen. Es gibt nur dein eigenes Gespür dafür, was deine Seele braucht: Hungert sie und ist sie schutzbedürftig? Oder findet sie reichlich Nahrung und blüht auf? Nur du kannst es spüren und so ist es allein deine Verantwortung, bewusst für dein persönliches Seelenschutzgebiet zu sorgen.
Stell dir vor …
… du würdest deine Seele zum Schutzgebiet erklären.
- Was würde das bedeuten?
- Wer oder was dürfte dieses Gebiet nicht mehr betreten?
- Was dürfte man in diesem Gebiet nicht mehr tun?
- Was wären deine Verhaltensregeln für alle, die sich in dem Gebiet aufhalten wollten?
- Für wen würdest du bestimmte Wege freigeben?
- Für wen nicht?
- Was sollte in diesem Gebiet passieren?
Verletzlichkeit
Jeder Mensch ist verletzlich. Jeder hat seine Geschichte, alte Wunden und Empfindlichkeiten. Die wollen wir verständlicherweise anderen nicht offen zeigen, meist aus Angst vor neuen Verletzungen und Demütigungen. Nicht selten verbergen wir sie auch vor uns selbst, überspielen Schwäche, verdrängen Erinnerung, sind in Abwehrhaltung und machen uns selbst etwas vor. Die Wahrheit ist jedoch: Deiner Seele machst du nichts vor! Sie sehnt sich nach Heilung und Nahrung.
Es ist deine Aufgabe zu spüren, was du brauchst. Denn nur du selbst hast Zugang zu den Bedürfnissen deiner Seele. Häufig sind sie versteckt und gar nicht offensichtlich. Oft tut es weh, hinzusehen und seine eigene Verletzlichkeit anzunehmen. Kein Wunder also, dass wir dem Gefühl aus dem Weg gehen, dass wir uns einreden stark zu sein, dass wir Verletzlichkeit nicht spüren und sie nicht zugeben wollen. Doch genau durch dieses Tal führt der Weg, wenn du die Bedürfnisse deiner Seele heilen möchtest.
Es ist nicht nötig zu wissen, warum du so fühlst wie du fühlst; es ist nicht nötig zu wissen, woher das kommt. Es ist nur nötig zu spüren und zu finden, was dir guttut; das zuzulassen, was dir hilft und dich wieder in ein seelisches Gleichgewicht bringt; intuitiv Nahrung für deine Seele zu finden.
Was nährt dich?
Nimm dir einen Augenblick Zeit und überlege, was auf der Speisekarte deiner Seele stehen sollte.
Hole dir mehr davon in dein Leben!
Sorge dafür, dass du bekommst, was du brauchst.
Sorge selbst dafür, dass in deinem Seelenschutzgebiet immer reichlich wohltuende Nahrung zur Verfügung steht.
Achtsam die Seele nähren
Das einfachste, was du für dich selbst tun kannst ist: Gehe achtsam mit dir um. Sei achtsam für dich und für das, was deine Seele erfreut. Vielleicht kannst du es dir noch selbstverständlicher zur Gewohnheit machen, auch im Alltag ein wenig genauer hinzusehen und bereit zu sein für alles Schöne, Heilsame oder Wohltuende, das dir begegnen mag. Es muss gar nichts Großartiges sein, es muss nichts Ungewöhnliches passieren. Das Glück steckt im Detail, im Kleinen, im häufig Unauffälligen und kann deshalb leicht übersehen werden. Deshalb ist es auch nicht selbstverständlich, dass du es erkennst, dass du genau dann achtsam anhältst und das Geschenk dieses Augenblicks annimmst. Das bedarf der Übung. Du machst den kostbaren Augenblick lebendig durch deine Achtsamkeit. Weil du es siehst und es würdigst, hat es Bedeutung. Weil du dir den Moment bewusst machst und bereit bist, ihn in dein Herz zu lassen.
Und so gesehen passiert dann doch etwas Großartiges, finde ich: Du spürst dich selbst. Für einen kleinen Moment bist du ganz bei dir selbst angekommen. Für diesen Moment ist die Seele erlöst. Du lässt es zu, von dem Gefühl erfüllt zu sein. Und dann spürst du vielleicht sogar die Flügel, die deiner Seele jetzt wachsen …
In diesem Sinne – hab einen erfüllten Sommer!
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