7 Tage am Meer – eine Rezension
„Marie suchte ihren Schlüssel.“ Mit diesen Worten beginnt Jürgen Drawitsch seinen Erstlingsroman mit dem Titel „7 Tage am Meer.“ Wohl gewählt sind die Worte, denn sie beinhalten bereits viel mehr als die Tatsache, dass Marie vor einer verschlossenen Tür steht.
Eine Reise ans Meer
Marie gönnt sich eine Reise ans Meer, ohne ihren Mann Thomas. Sie möchte alleine sein, ihre Verbundenheit mit dem Meer leben, den Schlüssel zu sich selbst finden. Sie ist aus der Bahn geraten.
Eine Fehlgeburt hat sie verunsichert. Sie spürt plötzlich, auf welch wackeligen Füßen ihre Ehe steht, die zu Routinen verkommen ist. Sie hofft, bei langen Spaziergängen in der frischen Meeresluft größere Klarheit zu gewinnen. „Es zog sie ans Meer.“
In sieben Tagen erlebt sie sieben Mal Naturgewalt – jeden Tag anders. Ein Sturm braut sich zusammen, es gibt heftige Gewitterregen. Doch noch lange wird die Sicht nicht klar, wird zunächst durch dichten Nebel erschwert, bis endlich Sonnenstrahlen vereinzelt durchdringen. Und – weil es ein echter Liebesroman ist – vertreibt die Sonne am Ende für einen Tag lang alle Wolken: „,Heute ist der Himmel blau, Jakob, ganz blau sogar und wolkenlos‘, sagte Marie.“
Auch Jakob hat sich nach einem vagabundierenden Leben als Maler ans Meer zurückgezogen. Am Meer fühlt er sich Zuhause, ist angekommen, kann sich fallen lassen. Er vermisst nichts mehr und öffnet sich in ruhiger Gelassenheit den Ereignissen, ohne große Erwartungen. Wenn man am wenigstens damit rechnet, passieren ungeahnte Dinge … „Noch gestern, nein, noch heute Morgen hatte Jakob gedacht, dass er keine Wünsche mehr habe. … Da ahnte Jakob, dass die Unbekannte ein Geheimnis in sich trug.“
Starke Bilder
Jürgen Drawitsch gelingt es, mit seiner detailreichen Sprache starke Bilder zu malen. In Gefühlswelten kennt er sich aus und findet tiefgründige, berührende Worte. In seinen Dialogen klingt viel Lebensweisheit durch, die er Marie und Jakob mitgibt. Man spürt förmlich die Liebe, mit welcher der Autor seine Figuren lebendig werden lässt. Beide sind zu großen Gefühlen fähig und verlieren sich nicht in dramatischen Konflikten oder einer romantischen Affäre. Sie finden selbstverantwortlich ihren Weg, ringen um Verständnis, durchschreiten persönliche Tiefen und am Ende erkennen beide deutlich, in welche Richtung sie ihre nächsten Schritte lenken wollen. – Wir als Leser begreifen, dass sich Marie und Jakob von der Hoffnung auf viele sonnige Tage, die noch kommen werden, tragen lassen.
Marie suchte ihren Schlüssel. Sie hat mehr gefunden. Am Ende öffnet sich ihr eine Tür, hinter der sie Unerwartetes vorfindet.
Jürgen Drawitsch: Sieben Tage am Meer
Robert Schäfer Verlag, 2011, 240 Seiten, EUR 19,90, ISBN 978-3941870031
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